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Aufgabe oder Ende des Denkmalschutzes

Können Einrichtungen, Gesetze und Institutionen des Denkmalschutzes noch ihre Aufgabe erfüllen oder stehen sie vor dem Ende?

Der Autor geht dieser Frage auf der Basis seiner Tätigkeit als Kreisdenkmalpfleger im Rhein-Neckar-Kreis in Baden-Württemberg nach. Neben einer Darstellung der Strukturen des Denkmalschutzes in Baden-Württemberg und deren gravierender Veränderungen in den letzten Jahren werden theoretische Überlegungen sowie konkret am Schutz der Baudenkmale beteiligte Personen und Institutionen und deren Wirkung vorgestellt. Die Realität des formulierten Anspruchs an die Denkmalpflege, der sich immer wieder auf gültige internationale Standards bezieht, wird an verschiedenen Beispielen - sakralen und profanen Bauten sowie einem Ensemble - im Rhein-Neckar-Kreis in der Praxis heutigen Denkmalschutzes überprüft. Der Autor zieht eine ernüchternde Bilanz, zeigt jedoch auch Wege aus der Krise des Denkmalschutzes auf.

 

"Ich werde ganz besonders die Kunst der Planung betonen, denn hier sehe ich bisher unausgenutzte schöpferische Möglichkeiten, die unseren zahllosen, verstreuten Bestrebungen Sinn und Ziel geben könnten."

Walter Gropius, 1952

"Spektrum Kulturwissenschaften"

In der Wissenschaftslandschaft formiert sich mit den "Kulturwissenschaften" eine Forschungsrichtung, die über den traditionellen Rahmen der "Geschichtswissenschaft" hinausgreift. So wurden in den letzten Jahren an verschiedenen Universitäten neue Studiengänge und Fakultäten eingerichtet, die diesem Wandel gerecht zu werden versuchen. Dies zeigt sich an vorbildlicher, fakultätsübergreifender interdisziplinärer Zusammenarbeit und der breiten Auswahl anspruchsvoller Themen im Verbund von Disziplinen wie Kulturgeschichte, Literaturwissenschaften, Linguistik, Kulturanthropologie, Sozialwissenschaften, Wirtschaftsgeographie, Rechtssoziologie und anderen mehr. Die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) ist ein Beispiel hierfür.

Die Reihe "Spektrum Kulturwissenschaften" bietet anhand ausgewählter Beispiele Einblicke in die vielfältigen Probleme und Fragestellungen. Auf diese Weise sollen unterschiedliche Methoden und Herangehenswisen des modernen kulturwissenschaftlichen Arbeitens vorgestellt werden. Im Rahmen dieser neuen Forscherwerkstatt sollen sowohl Arbeiten von jüngeren Wissenschaftlern als auch von etablierten Forschern aufgenommen werden.

Denkmalschutz und Denkmalpflege sind wichtige Aspekte der Kulturwissenschaften. Gleichzeitig stellen sie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar. Erhaltung und Pflege von Zeugnissen der menschlichen Kulturgeschichte in Form von sakralen und profanen Bauten sowie ganzer städtebaulicher Ensembles bedeuten - genau wie der Schutz unserer natürlichen Umwelt - eine Verpflichtung gegenüber nachfolgenden Generationen. Das Kulturerbe liegt nicht nur in der verantwortlichen Nutzng der Zeitgenossen und darf deshalb auch nicht zeittypischen Trends geopfert werden. In der vorliegenden Dissertation eines in der praktischen Denkmalpflege tätigen Architekten wird ein aufrüttelndes Bild des heutigen Denkmalschutzes präsentiert, gleichwohl aber auch der Weg zu einer nicht mehr fisklischen Zwängen oder dem subjektiven Empfinden untergeordneten Denkmalpflege aufgezeigt.

(Vorwort der Herausgeber, ebd., S. 5)

 

Einleitung

Themen und Fragestellungen

Kulturgüter staatlich zu schützen war schon vor fast 200 Jahren ein dringendes Anliegen des Architekten Karl Friedrich Schinkel, als er 1815 der preußischen Regierung ein Memorandum zur staatlichen Denkmalpflege vorgelegt hatte. Beabsichtigt war damals, dem offenen und schleichenden Verfall der Kunstdenkmäler wirksam entgegentreten zu können. Er wollte neben einer Fachbehörde das Ministerium als Entscheidungsinstanz haben, was, genau wie die von ihm geforderten hauptamtlichen Konservatoren als eigenständiger Beruf innerhalb einer Beörde, heute noch usus ist. Huse bezeichnete diese Schutzbehörde als "Anwalt der Denkmäler", die zwischen den Interessen Einzelner sowie den Interessen der verschiedenen Behörden untereinander denkmalorientiert wirken sollte.

Auf den damals geforderten Strukturen basiert auch heute noch der Alltag denkmalpflegrischer Tätigkeit, wenngleich festgehalten werden muss, dass durch gezielte Einflussnahme außerhalb fachlicher Sichtweisen auch übergeordnete Interessen verfolgt werden. Diese können dann nicht nur fach- und sachgerechten Entscheidungen zuwider laufen, sondern sogar bis zum Verlust des Kulturdenkmals führen. Solche Konfliktsituationen und vielfältige ungelöste Problemstellungen beim täglichen Umgang mit denkmalgeschützten Gebäuden waren der Auslöser für diese wissenschaftliche Arbeit. Verbunden mit dem Wunsch, einen wirksamen Schutz unserer gebauten Kulturgüter zu erreichen, sollen hier die verschiedenen Sichtweisen denkmalpflerischen Handelns mit der Absicht offen gelegt werden, weitgehend objektive Klarheit in eine Thematik zu bringen, die durch den ständigen Praxisbezug immer aktuell bleiben wird.

In der vorliegenden Dissertation sollen auf dieser Grundlage die praktischen Ergebnisse staatlicher Denkmalpflege in einem beispielhaft eingegrenzten Bereich des Bundeslandes Baden-Württemberg als Teil der Fortschreibung unserer gebauten Umwelt und die sich daraus ergebenden Folgen wissenschaftlich untersucht werden. Die Arbeit bezieht sich jedoch ausschließlich auf den Bereich der Baudenkmalpflege, während die anderen Teilgebiete, wie z.B. bewegliche Denkmale oder Bodendenkmale, weitgehend außer Acht bleiben. Untersucht wird neben den aktuellen Beispielen der letzten zehn Jahre aus den Bereichen der sakralen und profanen Gebäude auch ein städtebauliches Ensemble. Unterschiedliche Gruppen also, die anhand ihrer baugeschichtlichen Entwicklung mit den verschiedenen Bauphasen und jeweils differierenden Randbedingungen umfassend aufgeführt, erläutert und bewertet werden. Es soll keine theoretische Diskussion erfolgen, die bereits vorhandene Abhandlungen ergänzt, erweitert oder bestätigt, wie z.B. die Dissertation von Iseken. Vielmehr soll erreicht werden, die gebauten Ergebnisse, die durch eine staatlich verordnete Denkmalpflege begleitet worden sind, analytisch aufzulisten und zu quantifizieren.

Der Begriff des Kulturdenkmals, wie er für die Schutzregelung des Denkmalschutzgesetzes maßgebend ist, wird gesetzlich wie folgt definiert:

"Kulturdenkmale im Sinne dieses Gesetzes sind Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht."

Die Erhaltung des jeweiligen Kulturdenkmals ist abhängig vom Anerkennen des Denkmalwertes in der Öffentlichkeit sowie einem ausgeprägten Geschichtsbewusstsein in der betroffenen Bevölkerung. Bei der denkmalpflegerischen Alltagsarbeit müssen neben dem Vermitteln von geschichtlichen Zusammenhängen aber auch die Erhaltungswürdigkeit und die Erhaltungsfähigkeit immer wieder neu begründet werden. Die Bedeutung für die Orts- und Landesgeschichte sowie die Kunstgeschichte müssen dabei den beteiligten Bevölkerungsgruppen ebenso nahe gebracht werden, wie die positiven oder negativen Einflüsse von Baumaßnahmen auf das städtebauliche Erscheinungsbild ihres Wohnumfeldes. Das Entwickeln von Geschichtsbewusstsein als Ausgangspunkt einer effizienten Denkmalpflege ist folgerichtig gleichrangig neben dem fachgerechten Umgang mit denkmalgeschützter Substanz zu setzen, um das bauliche Erbe für die Zukunft zu erhalten und zu sichern. (...)"

(Auszug aus der Einleitung, ebd., S. 11-12)

 

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