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al-Muqaddimah

Die Vorrede zu einer Weltgeschichte

Die Muqaddimah (al-muqaddima / "die Einleitung"), die im Kairoer Druck von 1967 insgesamt 1475 Seiten umfasst, ist das bahnbrechende Werk Ibn Khaldûns und wird weithin als bedeutsamer als die Universalgeschichte selbst eingeschätzt. An der Muqaddimah arbeitete Ibn  Khaldûn ein Leben lang; in der Nationalbibliothek von Tunis liegen Handschriften des Werkes mit eigenhändigen Eintragungen und Korrekturen des Verfassers, die in den bisherigen Druckausgaben bisher unberücksichtigt geblieben sind.

Obgleich die Vorrede (Muqaddimah) zu einer Weltgeschiche nur ein kleiner Teil dieses enzyklopädischen Werks ist, das z.B. für unsere Kenntnis der islamischen Reiche in Schwarzafrika von unschätzbarer Bedeutung ist, muß sie doch als die eigentliche Hauptleistung dieses Denkers angesehen werden.

Eine neue Geschichtswissenschaft

Ibn Khaldûn entwickelte in der "Muqaddimah" nicht nur eine neue Methode der Geschichtsschreibung, vielleicht sogar eine neue Geschichtswissenschaft, sondern auch eine neue Geschichtstheorie, die sich von den bis dahin üblichen radikal unterscheidet.

Mit diesem Werk schuf Ibn Khaldûn in der islamischen Kultur erstmalig eine Wissenschaft, die eine genaue, auf Tatsachen basierende Analyse der islamischen Geschichte zum Gegenstand hatte. Ibn  Khaldûn hat mit einer eigenen Methodologie die Ursachen zu ergründen versucht, die zum Aufstieg und Untergang der arabischen Dynastien geführt haben. Während die arabisch-islamischen Geschichtsschreiber bis dahin stets bemüht gewesen sind, die historischen Ereignisse, und insbesondere die Geschichte der Dynastien in annalistischer Form und anhand früherer, mündlich und später schriftlich überlieferter Berichte darzustellen, stellt Ibn Khaldûn in seinem Werk immer wieder die Frage nach den Ursachen historischer Entwicklungen, welche er gesellschaftlichen, kulturellen, klimatischen und anderen Faktoren zuordnet. In seinem Vorwort zur Muqaddimah, das er im übrigen in der Tradition des Adab auf dem höchsten Niveau der arabischen Reimprosa abfasste, stellt Ibn Khaldûn die Historiographie als einen der wichtigsten Wissenschaftszweige dar, der sich mit der Entstehung und Entwicklung der Zivilisation befasst.

Zugleich distanziert er sich von der herkömmlichen Geschichtsschreibung und ersetzt sie durch die von ihm eingeführte Geschichtsbetrachtung. In diesen in den islamischen Wissenschaften einmaligen Betrachtungen und Analysen erklärt er die Legitimität von Staatsmacht und ihre Wurzeln mittels des von ihm umgedeuteten altarabischen Begriffs der asabiyya.

Quellen: Adel Theodor Khoury, Ludwig Hagemann, Peter Heine, Islam-Lexikon. Geschichte-Ideen-Gestalten, Freiburg et al. 1991, Bd.2, S.374; Wikipedia

Die zyklischen Bewegungen der Geschichte

Für die islamische Welt vor Ibn Khaldûn war die Geschichte der Menschheit eine lineare Entwicklung von der Erschaffung der Welt bis zum Jüngsten Gericht. Ibn Khaldûn setzt dieser Vorstellung die von zyklischen Bewegungen der Geschichte entgegen. Wichtigstes Moment in der historischen Entwicklung ist nach seiner Feststellung die "Asabiyya", was man mit "esprit de corps", "group feeling", "Solidarität" oder "Gemeinschaftsgeist" wiedergeben kann.

"Ibn Khaldûn's use of the term is noteworthy because it has been much used in Muslim literature in a different meaning. Islam generally condemned "asabîyah" as a quality and state of mind. It is traditionally considered to mean "bias", or, more specifically, blind support of one's group without regard for the justice of its cause. As such, any show of "asabîyah" is depreciated as an atavistic survival of the pagan, pre-Islamic mentality. Ibn Khaldûn, of course, was fully aware of this customary usage. In a locus classicus he discriminates between an objectionable pagan "asabîyah" and "the natural asabîyah that is inseparable (from human beings). The latter is the affection a man feels for a brother or a neighbor when one of them is treated unjustly or killed. Nothing can take it away. It is not forbidden (by Muslim religious law) ..." 

(op. cit., Ibn Khaldûn, The Muqaddimah, An Introduction to History, Translated from the arabic by Franz Rosenthal, in Three Volumes, Bollingen Series XLIII, Princeton University Press,  Princeton, N. J. 1967 ., Vol. I, p. lxxviii-lxxix (Translator's Introduction))

Ibn  Khaldûn, The Muqaddimah, An Introduction to History, Translated from the arabic by Franz Rosenthal, in Three Volumes, Bollingen Series XLIII, Princeton University Press,  Princeton, N. J. 1967
Ibn Khaldûn, The Muqaddimah, An Introduction to History, Translated from the arabic by Franz Rosenthal, in Three Volumes, Bollingen Series XLIII, Princeton University Press, Princeton, N. J. 1967