museo-on

Direkt springen zu:
Sprache: Deutsch | Englisch
Banner_Jerusalem
Hauptnavigation:

Lykosura (Peloponnes)

19. 2. Lykosura (Peloponnes), Heiligtum der Despoina: vierfigurige Kultbildgruppe

Original: Köpfe Athen, Nationalmuseum, Inv. 1734-1736. Marmor; Kopfhöhe 63 cm (Demeter), ca. 45 cm (Artemis), ca. 53 cm (Anytos); ursprüngliche Höhe der stehenden Figuren etwa 3,30 und 3,80 m, der sitzenden Demeter über 4,00 m.
Original: Köpfe Athen, Nationalmuseum, Inv. 1734-1736. Marmor; Kopfhöhe 63 cm (Demeter), ca. 45 cm (Artemis), ca. 53 cm (Anytos); ursprüngliche Höhe der stehenden Figuren etwa 3,30 und 3,80 m, der sitzenden Demeter über 4,00 m.

Pausanias 8,37,1-5 (= SQ 1564)

In dem in den späten 70er jahren des 2. Jhs. n. Chr. verfassten achten Buch seiner Perihegese behandelt Pausanias Arkadien. Von Megalopolis aus nimmt er den Weg in südwestlicher Richtung am Fluss Alpheios entlang, gelangt nach gut 7 km zur Ortschaft Akakesion und von dort zu dem bei Lykosura gelegenen Heiligtum der Despoina, der Tochter der Demeter. Bei der Göttin dürfte es sich ursprünglich um eine lokale chthonische Gottheit gehandelt haben, die später mit dem eleusinischen Demeter-Kult in Verbindung gebracht wurde.

(1) Von Akakesion ist das Heiligtum der Despoina vier Stadien (ca. 0,8 km) entfernt (...) (2) Die Statuen (agálmata) der Göttinnen selber, Despoina und Demeter, und der Thron, auf dem sie sitzen, und der Schemel unter ihren Füßen sind zusammen aus einem Stein <gearbeitet>; und auch von den <Reliefs> am Gewandm und von allem, was am Thron angebracht ist, ist nichts aus einem anderen Stein mit Eisen(-dübeln) und (Blei-)verguss zusammengefügt, son­dern das Ganze ist ein Stein. Dieser Stein wurde nicht hierher geschafft, sondern sie (sc. die Einheimischen) erzählen, rnan habe aufgrund eines Traums die Erde aufgegraben und ihn innerhalb des Bezirks gefunden. Jede der Statuen (agálmata) ist etwa so groß wie die Statue (ágalma) der Meter (Göt­termutter) in Athen; (4) von Damophon sind auch diese Werke. Demeter hält eine Fackel in der rechten Hand, die andere Hand hat sie auf' Despoina ge­legt. Despoina hält ein Szepter und die so genannte Kiste auf den Knien, die sie mit der rechten Hand hält. Auf der einen Seite des Throns steht Artemis neben Demeter rnit einern Hirschfell beklei­det und einen Köcher auf der Schulter; sie hält in der einen Hand eine Fackel, in der anderen zwei Schlangen. Neben Artemis liegt eine Hündin von der Art, wie sie zum Jagen geeignet sind. (5) Neben der Statue (ágalma) der Des­poina steht Anytos in der Gestalt eines Gerüsteten; die Leute beim Heiligtum erzählen, Despoina sei von Anytos auf­gezogen worden und auch Anytos sei einer der so genannten Titanen.

Abb. ebd., S. 131
Abb. ebd., S. 131
In der arkadischen Ortschaft Lykosura ist im ausgehenden 19. Jh. ein Antentempel do­rischer Ordnung freigelegt worden, der seiner Lage zufolge mit dem Tempel identifiziert w,erden kann, den Pausanias im Heiligtum der Despoina beschreibt. Fast die gesamte Breite der Tempelcella nimmt eine in Teilen erhaltene, rund 8,40 m breite Basis ein, die vier kolossalen Marmorstatuen Platz bot: der Artemis, den beiden sitzenden Figuren der Demeter und ihrer Tochter Despoina sowie dem Titanen Anytos.

Im Abguss zu sehen sind die Köpfe der Artemis, der Demeter und des Anytos, nicht hin­gegen der Kopf der Despoina, der bislang nicht gefunden worden ist, und die vielen Frag­mente der Körper der vier Statuen. Diese sind aus einem lokalen Marmor bzw. Kalkstein gearbeitet und zwar aus etlichen Teilstücken, nicht, wie Pausanias behauptet, aus einem einzigen Block. Die Körperbildung wird in der Forschung ohne triftige Gründe als schwächer als die Modellierung der Köpfe beurteilt.

Da die Zeitstellung des Damophon anhand einer stilkritischen Beurteilung seiner Pla­stiken kaum zu ermitteln ist, kommt einer 1972 in Messene gefundenen Inschriftensäule besondere Bedeutung zu. In der Inschrift ist die Rede von Ehrungen, die Damophon von sieben Gemeinden, u.a. von Lykosura, zuteil geworden sind. Die in der Inschrift als Zah­lungsmittel genannten Tetradrachmen (,Alexandreier') sind auf der Peloponnes nach 190 v. Chr. nicht mehr geprägt worden. Da Damophon dem Text zufolge der Gemeinde Lyko­sura gegenüber auf beträchtliche Honorarforderungen verzichtet, wird er spätestens ge­gen 190 mit den Arbeiten an der Kultbildgruppe fertig gewesen sein. Die in der Inschrift außerdem bezeugten Ehrungen des Damophon durch etliche andere Gemeinden machen deutlich, dass er im frühen 2. Jh. längst als bedeutender Bildhauer etabliert war. Aus der Inschrift geht ferner hervor, dass Damophon auch außerhalb der Peloponnes, auf diversen Inseln, bildhauerisch tätig gewesen ist. Von Pausanias, dem einzigen Autor, der Damophon erwähnt, erfahren wir schließlich noch, dass er in Olympia den Auftrag erhielt, das Kultbild des Zeus von Olympia zu restaurieren (Paus. 4,31,6 = SQ 1557), auch wenn er das für den Zeus verwendete Material, Elfenbein mit Goldauflage, für eigene Werke nicht benutzt zu haben scheint. Pausanias bezeugt aber, dass Damophon außer im Umgang mit Stein auch in der Kombination von Holz und Stein, also in der Akrolithtechnik versiert war (SQ 1560. 1562f.). Gegenstand seiner plastischen Schöpfungen waren ausschließlich Götter, Heroen und Personifikationen.

(Textauszug, ebd., S. 129-132)